Electrical transport in micro- and nanoscale devices of amorphous phase-change materials

  • Elektrischer Transport in Mikro- und Nanostrukturen aus amorphen Phasenwechselmaterialien

Kaes, Matthias; Wuttig, Matthias (Thesis advisor); Waser, Rainer (Thesis advisor)

Aachen (2017)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2017

Kurzfassung

In letzter Zeit haben sich Speicherkonzepte, die Phasenwechselspeicherzellen (PRAM) zur Datenspeicherung verwenden, als relevante Technologielösung herausgestellt. Diese Konzepte beruhen auf einem starken Kontrast der elektrischen Eigenschaften zwischen der amorphen und der kristallinen Phase eines Phasenwechselmaterials (PCM). Während der amorphe Zustand durch strominduziertes Aufschmelzen des kristallinen Zustandes erreicht wird, ist das sogenannte Schwellwertschalten ('threshold-switching'), ein Zusammenbruch des Widerstandes der amorphen Phase bei angelegter Spannung, Voraussetzung für die Kristallisation als Folge von Joulescher Erwärmung durch den Stromfluss. Die Zeitskalen, auf denen Aufschmelzen, Schalten und Kristallisation stattfinden können, erlauben es einen nichtflüchtigen Speicher herzustellen, der auf der Nanosekunden-Zeitskala arbeiten kann.Eine zentrale Herausforderung in der Anwendung von PRAM ist die Relaxation (Drift) der amorphen Phase. Diese führt zu einer kontinuierlichen Veränderung der elektronischen Eigenschaften und ist insbesondere schädlich für die Implementierung und Verwendung von mehreren Zellzuständen pro Zelle (multi-bit storage). Diesbezüglich haben frühere Arbeiten gezeigt, dass das Lesen des Zellzustandes bei hohen angelegten Spannungen den Einfluss der Drift verringert. Dies dient als Motivation um in der vorliegenden Arbeit unter anderem die Temperatur- und Feldabhängigkeit des Ladungstransportes in amorphen Phasenwechselmaterialien bei tiefen Temperaturen und Spannungen nahe des Schaltens in vier Forschungsprojekten (i-iv) zu untersuchen. Dabei werden sowohl Strukturen untersucht, in denen das amorphe Material (GeTe, GeSbTe und AgIn-SbTe) in der so genannten 'as-deposited' Phase vorliegt, als auch solche, in denen das Material (AgIn-SbTe) sich als Folge von Aufschmelzen und Abschrecken in der 'melt-quenched' Phase befindet. (i) Hier wird der Ladungstransport bei kleinen Feldern mittels Messungen der Dunkel- und Photoleitfähigkeit untersucht. In einem Temperaturbereich von 180 K bis 300 K werden temperaturabhängige Aktivierungsenergien beobachtet. Diese deuten auf eine temperaturabhängige Zustandsdichte hin und können mittels einer Parametrisierung, die aus einer Temperaturabhängigkeit der optischen Bandlücke abgeleitet werden kann, modelliert werden. Bei tieferen Temperaturen wird eine rapide Abnahme der Aktivierungsenergie bei GeTe und GeSbTe beobachtet (nicht jedoch bei AgIn-SbTe), die in früheren Arbeiten als Übergang zu einer durch Hüpfprozesse ('hopping') dominierten Leitfähigkeit interpretiert wurde. Dieser Übergang begrenzt die Anwendbarkeit von Modellen, die nur einen einzigen Aktivierungsmechanismus in Erwägung ziehen.Weiterhin wird untersucht ob Messungen der Temperaturabhängigkeit der Photoleitfähigkeit σ_Ph im Rahmen eines vereinfachenden Modells interpretiert werden können um Information über die Zustandsdichte abzuleiten. Im Widerspruch zu vorherigen Resultaten wird mittels numerischer Berechnungen gezeigt, dass dies nicht möglich ist. Für AgIn-SbTe wird gezeigt, dass sowohl Flux- als auch Temperaturabhängigkeit von σ_Ph zu einer Zustandsdichte passen, die in der Bandlücke nur Zustände mit einfach exponentieller Energieabhängigkeit ('band-tails') aufweist. Dies steht im Gegensatz zu GeTe und GeSbTe, die laut Vorstudien in der Bandlücke darüber hinaus noch zwei Defekte bei spezifischen Energien aufweisen. Dieses Resultat lässt vermuten, dass sich auch der Ladungstransport in AgIn-SbTe von dem in GeTe und GeSbTe unterscheidet. (ii) Nach einer eingehenden Studie verschiedener Transportmodelle wird ein neues Modell zur Beschreibung der feld- und temperaturabhängigen Leitfähigkeit mit Hilfe eines 3D Poole-Frenkel (PF) Modells vorgeschlagen. Das Modell beschreibt den Bandtransport eines Ladungsträgers als Folge von thermischer Emission aus einem attraktiven Potential, das durch Überlagerung zweier Coulomb-Potentiale, die sich im Abstand s ('inter-trap distance') zueinander befinden, entsteht. Der Transport in GeTe und GeSbTe kann mit Hilfe dieses Modell in einem Temperaturbereich 300 K bis 220 K und bis zu Feldern von 20 V/µm gut beschrieben werden, wohingegen für AgIn-SbTe keine gute Beschreibung möglich ist. Zur Untersuchung eines relevanten Modellparameters, der dielektrischen Konstante ϵ_∞, werden die Ergebnisse von Infrarotspektroskopiemessungen vorgestellt. Diese zeigen, dass ϵ_∞ nur schwach temperaturabhängig ist. Im Bezug zur Modellierung des Ladungstransportes erlaubt dieses Resultat die Schlussfolgerung, dass die Modellgröße der 'inter-trap distance' s eine temperaturabhängige Größe sein muss. Als mögliche Ursache wird die Besetzung von Defektzuständen identifiziert und dieser Sachverhalt in (iii) weiter untersucht.Bei sehr hohen Feldern und tiefen Temperaturen wird ein bisher nicht beschriebenes Regime der Feldabhängigkeit beobachtet, in dem der Strom als ln⁡(I/I_0 )=(F/F_C )^2 parametrisiert werden kann. Durch Kombination mit der Feldabhängigkeit des PF-Mechanismus kann der Parameter F_C als temperaturunabhängige Größe identifiziert werden. Erste Versuche diesen Bereich bei hohen Feldern mittels Tunneln aus einem Defektzustand in das Valenzband zu erklären, können die Temperaturunabhängigkeit von F_C noch nicht reproduzieren, sehr wohl aber die starke Nichtlinearität der Strom-Spannungscharakteristik (IV-Kennlinie). Auf dem Tunnelmechanismus basierende Modelle bilden daher eine gute Grundlage für die weitere Erforschung eines Regimes dessen bloße Existenz Auswirkungen auf das Auslesen des Zustands von PRAM bei hohen Feldern hat.(iii) Um den vorher postulierten Zusammenhang zwischen Besetzung und 'inter-trap distance' zu verifizieren wird eine Zustandsdichte für GeSbTe vorgeschlagen und numerisch untersucht. Den Berechnungen werden Experimente zur Seite gestellt, in denen die IV-Kennlinie für GeSbTe in Dunkelheit und unter Beleuchtung gemessen wird. Dabei wird beobachtet, dass die 'inter-trap distance' s zu tieferen Temperaturen hin in Dunkelheit - in Übereinstimmung mit den Rechnungen - zunimmt, wohingegen sie unter Beleuchtung - im Widerspruch zu den Rechnungen - abnimmt. Als wahrscheinliche Ursache für die Diskrepanz unter Beleuchtung wird das Verhältnis der Einfangquerschnitte ('capture cross-sections') für Elektronen und Löcher, deren numerische Werte durch experimentelle Vorstudien nur unzureichend bestimmt sind und ausschließlich die Besetzung unter Beleuchtung beeinflussen, identifiziert.Weiterhin wird das zuvor identifizierte Hochfeldverhalten auch unter Beleuchtung charakterisiert. Sowohl bei GeSbTe als auch bei AgIn-SbTe weist die Photoleitfähigkeit ein Maximum als Funktion des Feldes auf. Es kann gezeigt werden, dass Modelle, die die Feldabhängigkeit von σ_Ph mit Hilfe einer feldabhängigen, effektiven Temperatur erklären, die gemessenen Daten nicht beschreiben können. Darüber hinaus können die vorgestellten Messungen dazu dienen ein zukünftiges Modell für den Ladungstransport bei sehr hohen Feldern zu testen. (iv) Um zu überprüfen ob die vorgestellten Konzepte und Messmethoden zur Beschreibung von 'melt-quenched' AgIn-SbTe relevant sind, werden Strom-Spannungscharakteristiken an Nanostrukturen in einem Temperaturbereich von 240 K bis 120 K analysiert. Dunkel- und Photoleitfähigkeit weisen eine ähnliche Temperaturabhängigkeit wie der 'as-deposited' Zustand auf. Im Gegensatz zu Diesem kann jedoch auch die Feldabhängigkeit der IV-Kennlinie der Nanostrukturen gut durch das Modell beschrieben werden. Das zuvor an der 'as-deposited' Phase beobachtete Verhalten bei hohen Feldern wird auch hier beobachtet und sollte daher in die Beschreibung des elektrischen Transports von PRAM-Zellen bei hohen Spannungen Eingang finden.

Identifikationsnummern