Phase-change materials : structure, vibrational states and thermodynamics of crystallization
- Phasenwechselmaterialien : Struktur, thermische Schwingungsmoden und Thermodynamik der Kristallisation
Zalden, Peter Erhard; Wuttig, Matthias (Thesis advisor)
Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2012)
Doktorarbeit
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2012
Kurzfassung
Phasenwechselmaterialien können als aktive Komponente in neuartigen nicht-flüchtigen Datenspeichern genutzt werden. Diese Speicher erlauben höhere Schreib- und Lesegeschwindigkeiten als herkömmliche Flash-Speicher und sind gleichzeitig vorteilhaft gegenüber schnelleren DRAMs, da ihre Informationen selbst dann erhalten bleiben, wenn die externe Spannungsversorgung entfernt wird. Für die Anwendung von Phasenwechselmaterialien in Speichermedien ist es erforderlich, sie auf die jeweiligen Anwendungsgebiete anzupassen, so dass Designregeln für die Eigenschaften nötig sind. Der Speicher kann über die verschiedenen optischen und elektrischen Eigenschaften einer amorphen und kristallinen Phase ausgelesen werden. Daher sind also die Untersuchungen in drei Gebiete zu unterteilen: Die Eigenschaften der amorphen Phase, die der kristallinen Phase und der Übergang zwischen beiden Phasen - für deren Verständnis jeweils Modelle erforderlich sind, die bis auf die mikroskopische Ebene reichen. Die atomare Nahordnung ist entscheidend für den Eigenschaftskontrast beider Phasen und wurde daher untersucht, indem mittels Röntgenabsorptionsspektroskopie und Neutronenstreuung die Paarverteilungsfunktionen gemessen wurden. Ein Merkmal aller untersuchten Phasenwechselmaterialien (das sind GeSb2Te4, Ge2Sb2Te5, In3SbTe2, Sb2Te, AIST, GeTe und Ge15Sb85) ist, dass der mittlere atomare Abstand bei der Kristallisation um 5 bis 15% zunimmt. Am Beispiel von Ge2Sb2Te5 wird dieser Unterschied besonders deutlich: Die Bindungslänge nimmt von 2.72(1) Å um 11% zu, die Koordinationszahl von 2.78 um 88(5)%. Diese starke Änderung der lokalen Struktur unterstützt den Eigenschaftskontrast von Phasenwechselmaterialien, indem sie z.B. den optischen Reflektivitätskontrast vergrößert. Bei GeTe-Sb2Te3 (GST) Systemen erhöht sich allerdings bei der Kristallisation auch die Verteilungsbreite der Bindungslängen. Diese Beobachtung wirkt zunächst überraschend, weil eine breitere Verteilung in der kristallinen Phase i.d.R. auf weichere Wechselwirkungspotentiale zurückzuführen ist, obwohl aber aus mechanischen Spannungsmessungen bekannt ist, dass die kristalline Phase härter ist als die amorphe. Daher wurden die atomaren Schwingungsmoden beider Phasen untersucht. Diese Messungen zeigen, dass die kristalline Phase weichere Bindungen besitzt als die amorphe und während in der amorphen Phase kovalente Bindungen dominieren, tritt in der kristallinen Phase eine Resonanzbindung auf, die mit einer hohen dynamischen Ladung der Atome einhergeht. Dieser Übergang von härteren zu weicheren atomaren Wechselwirkungspotentialen ist für die Eigenschaften als Phasenwechselmaterial vorteilhaft. In der kristallinen Phase von verschiedenen Legierungen des GST-Systems wurde kürzlich ein Metall-Isolator Übergang (MIT) gefunden, der nur von der atomaren Unordnung abhängt. Dieser Übergang wird durch eine Variation der Heiztemperatur gesteuert, so dass die kristalline Phase nach geringer Heiztemperatur halbleitend, nach höherer Heiztemperatur metallisch ist. Motiviert durch diese Erkenntnis wurde die Unordnung der kristallinen Phase im Detail untersucht. Zunächst werden die verschiedenen Ursachen für atomare Unordnung diskutiert. Dabei zeigt sich, dass besonders die chemische Unordnung auf einem kristallographischen Untergitter der Kochsalzstruktur zu starken Auslenkungen der Atome führt. Die Amplitude dieser statischen Auslenkungen verkleinert sich zunächst mit der Heiztemperatur und spiegelt sich in einer Verkleinerung der Bandlücke wider. Bei noch höheren Heiztemperaturen ordnet sich die Mehrheit der intrinsischen Leerstellen auf Lagen, allerdings bleibt die Probe zunächst halbleitend. Ein Vergleich von gemessenen und berechneten EXAFS Daten legt nahe, dass auch in dieser Phase die Ge und Sb Atome noch unsortiert das Untergitter bilden. Diese Atome werden bei noch höheren Heiztemperaturen geordnet und gleichzeitig werden Stapelfehler ausgeheilt. Somit wurde gezeigt, dass ein atomarer Ordnungsprozess stattfindet. Die thermodynamischen und kinetischen Aspekte des Kristallisationsvorgangs wurden kalorimetrisch untersucht. Der Phasenübergang geht mit einer verglichen mit Ge oder Si (ca. 120 meV/Atom) kleinen Enthalpieänderung von nur 40 - 50 meV/Atom einher. Dies wird besonders deutlich, wenn die treibende Kraft der Kristallisation - d.h. die Änderung der freien Enthalphie berechnet wird, die von der Entropie beider Phasen abhängt. Die Unordnung der kristallinen Phase erhöht deren Entropie, die wiederum die treibende Kraft der Kristallisation vergrößert. Der resultierende Beitrag zur Änderung der freien Enthalpie beträgt bei der Kristallisationstemperatur -16(6) meV/Atom, so dass die gesamte Enthalpieänderung nur noch 30(9) meV/Atom beträgt. Die treibende Kraft der Kristallisation ist also bei Phasenwechselmaterialien erstaunlich gering, wird aber durch die Unordnung der kristallinen Phase bei GST weniger stark durch die Entropieänderung reduziert.
Einrichtungen
- Fachgruppe Physik [130000]
- Lehrstuhl für Experimentalphysik I A und I. Physikalisches Institut [131110]
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-opus-43298
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-CONV-143392